am freitagmorgen, dem 15. mai, rede ich an der tagung der musiklehrerinnen des kantons luzern zum thema wettbewerb. 
eine eher befürwortende stimme, eine eher kritische stimme - die meine - und ein philosoph teilen ihre überlegungen mit, um nachher ins gespräch zu kommen, auf der bühne und mit den gästen. 

mein vortrag: einige stichworte.

meine wettbewerbserfahrung als junger chorleiter…
zum begriff der „texttreue“, einem wichtigen wettbewerbskriterium, in der musik…
improvisation und komposition in der musikalischen bildung…
vor-spielen oder spielen? …
musik - wettbewerbe: spitze des eisberges einer suppressiven musikerziehung…
braucht unsere gesellschaft sieger?…
geschichten aus einem kindergarten zum thema…
wettbewerb und hochbegabung…
sind wettbewerbe für die kinder oder für die musiklehrpersonen wichtig?
zur würdigung all jener, die nie ein kind an einen wettbewerb schicken…
musik-erziehung als feld seelischer verwüstung…
aus der sicht der musik-kinesiologie…
wer braucht 100 punkte?…

es könnte also spannend werden. anmeldung ist noch möglich. 
das programm finden sie in der rubrik „konzerte und lesungen“

ich freue mich auf einen anregenden austausch im bewusstsein, dass niemand mit seiner sicht der dinge „recht“ hat, sondern dass das gegenteil, die gegenseite zu jedem thema auch richtig ist. 

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Authorpius strassmann

wenn bach eine aussage musikalisch in einigen stimmen eindeutig und oft parallel führt, sind oft andere stimmen in gegenbewegung - leicht verschoben, absteigend statt aufsteigend oder umgekehrt, in eine andere tonart modulierend, eine bejahende bewegung in eine frage verwandelnd. dies gibt seinem werk eine ungeheure komplexität, tiefe, mehr-dimensionalität. man könnte auch im psychologischen sinn des 20. jahrhunderst vom mit-komponieren des schattens einer aussage sprechen, eine technik, die kompositorisch nach bach erst wieder ab der späten romantik ganz bewusst genutzt wurde. gedeutet werden könnte dieses phänomen auch als die einführung des freien individuums. 

nach dem hören der passionen und der h-moll messe muss ich immer wieder an die letzten szenen von mozarts don giovannis denken, die mir als eigentliche fortsetzung bachs musik unmittelbar einleuchten. auch hier geht es nur noch um die emanzipation des indivduums, gegen sitte, zeitgeist und moral einer ganzen gesellschaft. das „nein“ wird zur befreiung des grundehrlichen geistes, der nicht nach dem preis seiner integrität fragt. 

doch zurück zu bach: die turba-chöre der johannespassion, heute würde man wohl sagen: nicht mehr sdg, sondern svp, sind ein erschütterndes beispiel für die voll-umfänglichkeit von bachs sicht des geschehens: das sofortige mitschwingen mit der erregten meute, die identifikation des hörers und der hörerin ereignet sich, weil die musik das geschehen   u n d   die psychische verfassung, wie etwa angst, abwehr, wut nicht nur zeigt, sondern auslöst. sie bleibt immer komplex, nie simplifizierend.
 
„nicht diesen, sondern barrabam“ - geradezu freudige erwartung, tänzerische lust, aufgeregtes rufen, textlich leicht versetzt stimmen: ja! denken wir sofort, ja! er soll hängen! schon beim nächsten arioso ist allerdings die betroffenheit über die eigene bereitschaft, den sündenbock zu opfern, um selbst vor entwicklung verschont zu bleiben, gross. ein wechselbad äusserster psychologischer raffinesse. 

und so bleibt beim hören bachs immer auch die trauer, dass es nicht einfach ist, sondern komplex, dass das gute auch das böse ist, und das helle blitzschnell verdunkelt. und diese trauer ist immer gleichzeitig: die freude.

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Authorpius strassmann

heute, in einer kleinen gemeinde am rande des kantons zürich, mit einer organistin für den karfreitags-gottesdienst geprobt. so im tönen und spielen kommt der totengräber in seiner orangen plastikhose daher mit einem enormen grabkranz, welchen er vom chor der kirche auf das grab trug. es hatte vorher eine beerdigung stattgefunden, und einige der schönsten kränze schmückten den chorraum. "könnt ihr mir helfen, ihr habt ja nichts zu tun", sprach der totengräber recht freundlich in eine sarabande corellis hinein: "und mir die türe öffnen!" die orgel befindet sich parterre, gleich zur linken der türe.
- aber sicher! gerne! und die blockflöte schnell niedergelegt! zwei flügeltüren, die innere und äussere geöffnet, auf dass der kranz mit angehängtem totengräber uns nichtstuer passieren kann! wie schwer muss so ein kranz wiegen, beschwerlich gegen das nichtstun mit blockflöte, die sich nicht mal als grabschmuck eignet - wer musik tut, tut nichts. das ist mir nun klar. und fraglich, ob einem, der dergestaltiges nichtstun tut, dereinst ein so schöner kranz aufs grab gestellt werden soll! 
zum abschied!

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Authorpius strassmann

in letzter zeit bekomme ich wieder vermehrt anfragen von chören, die was schönes aufführen möchten. gutes beispiel ist der actus tragicus: ein ziemlich anspruchsvolles stück kammermusik, das spezialblockflöten und agile, gute spielerinnen braucht, eigentliche solisten. von der bezahlung der normalen orchestertarife sind aber diese anfragen oft weit weg, von solistischen tarifen ganz zu schweigen. scheinbar gibt es genug musikerinnen, die losrennen bei einer anfrage, um für ein trinkgeld die konzertwelt zu zerstören. würde einer der lehrer, anwältinnen, ärzte, in den oft guten, semiprofessionellen chören für einen stundenlohn von 30.- oder 40.- franken arbeiten? 

auf rückfrage höre ich fast immer: "leider ist unser budget nicht grösser" - aha. 

ja, klar! ich werde jetzt auch zu einem architekten gehen und sagen: "bau mir ein haus, ich habe 20'000! leider ist mein budget nicht grösser!" - das wird der sicher verstehen, und zum viertel-tarif arbeiten! schliesslich handelt es sich ja um eine gute sache! um kultur! 

mein wunsche wäre:
wenn ihr konzerte veranstaltet: bezahlt eure musikerinnen nach tarif.
wenn du musikerin bist: sag projekte ab, mit denen du dich zum hundersten mal selbst ausbeutest. beute dich wenigstens bei deinen eigenen projekten aus, in denen dein herzblut fliesst! 
das argument: "ich spiele halt so gern, ich werde dann entdeckt" - ist reichlich naiv. backt der bäcker in der freizeit brot, weil er es so gerne tut? und entdeckt werden wirst du nicht! 100 billigmusiker stehen hinter deinem rücken. hier wäre solidarität innerhalb der berufsgruppe gefragt!- ich habe meine konsequenzen gezogen und sage solche anfragen vehement ab, gerade auch, weil meine arbeitgeberinnen, die mich fürs unterrichten meines instrumentes angestellt haben, seit 20 jahren alles getan haben, um mich richtig gut zu bezahlen. auch ihnen gegenüber sind solche zusagen ein affront erster güte. - 

nun schluss mit der beschwerde: hier ist er: der actus tragicus: 
ein wunderschönes stück musik von bach 
- er hat ein leben lang für anständige bezahlung gekämpft!

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Authorpius strassmann
 

ich freue mich, dass im pfarreiblatt der katholischen kirch stadt luzern, oktober 14, gedichte von mir erschienen sind.

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Authorpius strassmann
 
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Authorpius strassmann

ich besuche zur zeit eine neurologische weiterbildung am IKAMED zürich, die sehr spannend und aufschlussreich ist. sie gibt mir in allen meinen tätigkeitsfeldern, sei es die musik, die kinesiologie oder die heilpädagogik, neue und interessante anregungen. 

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Authorpius strassmann
Categorieskinesiologie

improvisations-konzept - hier zu lesen - zu hören auf der rigi am 21. september 14

 
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Authorpius strassmann
Categoriesmusik